Ein praktischer Erfahrungsbericht: Wie ich Seidenkokons verarbeitet habe – Von der Raupe über das Entgummieren bis hin zu selbstgemachten Seidenhankie
Seidenkokons: Vom Kokon zum selbstgesponnenen Seidengarn
Als ich 2019 mit dem Spinnen begann, entdeckte ich schnell, dass mich nicht nur das Spinnen selbst faszinierte, sondern auch der gesamte Prozess von Seidenkokons bis zum fertigen Garn. Ich hatte bereits einige Male geschorenes Fell gewaschen, kardiert und gesponnen, also kannte ich diesen Prozess schon. Der Weg von der Raupe zum selbstgesponnenen Seidengarn war mir jedoch noch unbekannt.
Daher begann ich mein Experiment: Von Seidenkokons bis Seidenhankies.
Was sind Seidenkokons?
Seidenkokons sind die Kokons, die von der Seidenraupe gesponnen werden und aus denen später das Seidengarn gewonnen werden kann. Sie bilden den Ausgangspunkt für den Prozess, der zu fertigen Seidenprodukten wie Garn oder Hankies führt.
Die Suche nach Seidenkokons
Zuerst machte ich mich auf die Suche nach 400 Gramm Rohseide – das entsprach etwa 2.000 Kokons. Ich entschied mich bewusst für tierfreundliche Kokons, bei denen die Motten selbstständig ausschlüpfen konnten. Sie hinterlassen ein kleines rundes Loch, das später noch nützlich ist. Nachhaltigkeit war mir dabei besonders wichtig.
Warum Seidenkokons entgummieren?
Die Seidenraupe produziert Sericin, eine klebrige Substanz, die die Fasern im Kokon zusammenhält. Um die Seide später verarbeiten zu können, muss dieses Sericin entfernt werden – das sogenannte Entgummieren.
Vorbereitung der Seidenkokons
1. Entfernen der kurzen Fasern
Ein Kokon ist von kurzen, meist groben Fasern umgeben. Diese kannst du einfach abziehen. Wenn du Kunstgarn herstellen möchtest, kannst du sie auch dranlassen – bei gleichmäßigem Garn besser entfernen.
2. Entfernung der Puppe
Schneide den Kokon mit einer kleinen Schere vorsichtig entlang des Lochs auf und entferne die leere Puppe. Je früher im Prozess, desto einfacher geht das.
3. Entfernen der Puppenhaut
Wenn du den geöffneten Kokon mit Wasser füllst, schwimmt die Haut der Puppe oben auf – das erleichtert das Entfernen enorm.
Entgummieren der Seidenkokons
- Gib 3 Liter heißes Wasser in einen großen Topf.
- Füge 50 g Naturseife pro 100 g Kokons hinzu (100 g = ca. 500 Stück).
- Rühre vorsichtig – das Wasser darf nicht schäumen oder kochen!
- Füge die vorbereiteten Seidenkokons hinzu.
- Etwa 3 Stunden auf kleiner Flamme köcheln lassen.
- Sind die Kokons weich und flauschig? Dann sind sie fertig.
- In ein Sieb geben, mit einem Handtuch ausdrücken.
- Nochmal gründlich mit klarem, heißem Wasser spülen.
- Zum letzten Spülgang ca. 250 ml Essig hinzufügen – das liebt die Seide.
Hinweis: Die Entgummierung ist entscheidend für die spätere Qualität der Seide. Nimm dir dafür ruhig Zeit.
Seidenkokons direkt färben
Die nassen, entgummten Kokons lassen sich wunderbar färben. Die Farben leuchten regelrecht, da Seide sie so intensiv aufnimmt.
Verarbeitung der Seidenkokons
1. Auflockern & Vorspinnen
Die getrockneten, matt wirkenden Kokons lassen sich leicht auseinanderziehen. Wenn nicht, nochmal entgummieren. Du kannst sie vorspinnen oder direkt vom Kokon aus spinnen.
2. Mischen mit anderen Fasern
Seide lässt sich toll mit anderen Fasern kombinieren. Hier kannst du richtig kreativ werden!
3. Seidenhankies herstellen
Ziehe die feuchten Kokons vorsichtig auseinander und dehne sie. So entstehen Seidenhankies – dünne, taschentuchähnliche Lagen. Wunderschön anzusehen und ideal zum Weiterverarbeiten.
Vom Seidenkokon zur Kreation
Nach dem ganzen Prozess – Waschen, Entgummieren, Färben, Spinnen – begann für mich das eigentliche Highlight: das Arbeiten mit der Seide selbst. Ich habe einige Kokons bunt gefärbt, was ein richtiges Fest war. Und das Spinnen? Einfach magisch. So leicht, so weich, so stark!
Ich plane, ein kleines Probeläppchen aus meinem Seidengarn zu weben. Dann wird der Weg „von der Raupe zum Faden“ nicht nur lehrreich, sondern ganz konkret greifbar.
Und du? Hast du schon mal mit Seidenkokons gearbeitet? Oder reizt dich das Thema? Ich freue mich riesig über deinen Kommentar – oder wenn du den Beitrag mit anderen teilst, die genauso neugierig sind wie wir!
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